Wir fordern: Baut Barrieren ab!
Um Barrieren für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen abzubauen, bedarf es konkreter Umsetzungspläne des Landes Hessen und die Verpflichtung der kommunalen Jugendhilfe. Es muss geklärt werden, welche Stellen für die Finanzierung verantwortlich sind und an wen sich Verbände und Einrichtungen wenden können, wenn sie (weitere) inklusive Angebote schaffen wollen. Die Selbstorganisation und Selbstvertretung junger Menschen mit Behinderung muss gestärkt werden. Das alles gelingt am besten in Zusammenarbeit mit Akteuren aus Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe und Selbstvertretungsorganisationen.
Warum ist das sinnvoll?
Weil Inklusion notwendig ist! Das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) bildet als Teil des SGB VIII eine Rechtsgrundlage dafür, die Kinder- und Jugendhilfe verbindlich inklusiv zu gestalten.
Weil Selbstorganisation entscheidend ist! Die Interessen und Freizeitbedürfnisse junger Menschen mit Behinderung sind vielfältig. Kinder- und Jugendarbeit kommt nicht umhin, gemeinsam mit ihnen passende Angebote zu entwickeln und ihre Selbstorganisation zu unterstützen.
Weil manchmal Unterstützung gebraucht wird! Kindern und Jugendlichen mit Behinderung wird es oftmals erschwert, an offenen Angeboten teilzunehmen. Das kann unterschiedliche Gründe haben: eine eingeschränkte Mobilität und Barrieren im ÖPNV, fehlende Zugänge zu Informationen über Angebote, Diskriminierungserfahrungen oder fehlende Finanzierung von Teilhabe-Assistenz oder Gebärdensprachdolmetscher_innen. Jugendzentren und andere Räume sind nicht immer barrierefrei.
Weil Inklusion keine leere Worthülse ist! Sie ist Praxis und Prozess hin zu einer inklusiven Gesellschaft.
Wie soll das umgesetzt werden?
…durch ein landesweites „Aktionsprogramm Inklusion“ für eine breitere gesellschaftliche Wirkung und eine stärkere Akzeptanz und Sensibilisierung in der Kinder- und Jugendhilfe.
…durch frühzeitige fachliche Schulungen der geplanten Inklusions-Lots_innen.
…durch gezielte und bedarfsgerechte Finanzierungsmöglichkeiten für Einrichtungen.
…durch eine fachliche Begleitung, Qualifizierung und Sensibilisierung von Jugendleiter_innen und Fachkräften in der Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes, z.B. durch eine Landesfachstelle „Inklusion in der Kinder- und Jugendarbeit“.
Was sagen die Parteien dazu?
FDP:
…“Wir stehen hinter der UN-Behindertenrechtskonvention und wollen, dass Inklusion umgesetzt wird. Dafür müssen die notwendigen sächlichen, räumlichen und personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Ziel eines inklusiven Schulsystems ist dabei immer die individuelle Förderung (Parteiprogramm, S.9).“
…“Wir Liberale sind lebensbejahend. Behinderungen verstehen wir nicht als Verhinderung. Wir wollen ein Höchstmaß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gewährleisten. Das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Wir unterstützen deshalb integrative Konzepte in Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen sowie Freizeit- und Bildungseinrichtungen. Aber auch hier gilt der Grundsatz, dass Integration nicht um jeden Preis geschehen darf, denn bei allen Entscheidungen muss das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehen. Daher muss es auch weiterhin die Möglichkeit geben, bei Bedarf Kinder mit Behinderungen in besonders qualifizierten Einrichtungen unterbringen zu können (Parteiprogramm, S.86).“
…“Barrierefreiheit wollen wir weiter fördern und ausbauen, sowohl im baulichen Bereich als auch im Bereich der Teilhabe (Parteiprogramm, S.86).“
CDU:
…“Wir setzen uns ohne Wenn und Aber für eine offene Gesellschaft ein und beziehen klar Position gegen alle, die sich gegen diese offene Gesellschaft positionieren. Deshalb treten wir jeder Form der Diskriminierung, insbesondere gegenüber Menschen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität, ihrer Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer Religion oder ihrer kulturellen Herkunft entschieden entgegen (Parteiprogramm, S.46).“
…“Wir werden die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen weiter verbessern und das BundesTeilhabegesetz im Sinne der betroffenen Menschen umsetzen.
Wir werden die Bedingungen für ein inklusives Leben für Menschen mit Behinderungen verbessern und zu einem gesellschaftlichen Schwerpunktthema machen. Dafür bauen wir insbesondere die Barrierefreiheit weiter aus.
Den hessischen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention werden wir weiterentwickeln und neu auflegen. Dabei nehmen wir alle Aspekte in den Blick, bei denen Menschen mit Behinderungen die besondere Aufmerksamkeit der Gesellschaft benötigen.
Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen – von der Kinderbetreuung über Schule und Ausbildung bis zum Berufsleben – bleibt ein zentrales Anliegen. Wir richten dieses Ziel an den individuellen Bedürfnissen des betroffenen Menschen aus und wollen daher passgenaue und individuell zugeschnittene Lösungen finden (Parteiprogramm, S.58).“
SPD:
…“Inklusion bedeutet für uns, dass jeder Mensch von Anfang an die gleiche Chance auf ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben sowie ein Recht auf Teilhabe hat. Nachteile müssen ausgeglichen werden. Dazu benötigen wir einen aktiven und vorbeugenden Sozialstaat, der unterstützt und fördert, ohne zu bevormunden (Parteiprogramm, S.36).“
…“FÜR EIN SELBSTBESTIMMTES LEBEN: BARRIEREN ABBAUEN! Zahlreiche Menschen in Hessen leben mit lebenslanger Beeinträchtigung oder Behinderung. Sie haben ein Recht und damit einen Anspruch auf ein selbstbestimmtes Leben in unserer Gesellschaft. Wer ein Recht auf Leistungen hat, darf nicht als Bittsteller*in angesehen werden (Parteiprogramm, S.40).“
…“Die Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes in Hessen werden wir konsequent mit einem eigenen Aktionsprogramm verfolgen (Parteiprogramm, S.41).“
…“Die Inklusion in Hessen muss in der Landesregierung von einem oder einer Verantwortlichen koordiniert und gleichzeitig ressortübergreifend umgesetzt werden (Parteiprogramm, S.41).“
…“Wir werden die Unterstützung für Menschen mit Behinderung verbessern. Dazu legen wir eine Ausbildungsinitiative für Teilhabe- und Taubblindenassistenzen auf und unterstützen Beratungsnetzwerke, Behindertenorganisationen und Selbsthilfe (Parteiprogramm, S.41).“
Grüne:
…“Wir stehen für eine inklusive Gesellschaft, die umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Behinderungen sowie eine barrierefreie Gestaltung des Sozialraums (Parteiprogramm, S.6).“
…“Wir sehen die besonderen Herausforderungen für Alleinerziehende und werden sie weiter gezielt unterstützen. Das gilt ebenso für Eltern mit Behinderungen. Die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe werden wir stärken und die Vernetzung mit der Schule ausbauen (Parteiprogramm, S.29).“
…“Für eine inklusive Gesellschaft, in der alle teilhaben können: Jeder Mensch ist besonders, und jeder Mensch hat spezifische Bedürfnisse. Wir arbeiten an einer Gesellschaft, in der auch Menschen mit Beeinträchtigungen selbstbestimmt und barrierefrei leben können. „Nicht ohne uns, nicht über uns“ ist hierbei der entscheidende Grundsatz, der uns ebenso leitet wie die UN-Behindertenrechtskonvention. Es reicht nicht aus, die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen nur mitzudenken, die Betroffenen müssen von Anfang an selbst Beteiligte sein (Parteiprogramm, S.32).“
…“Inklusion beginnt von Anfang an, in den Krippen und Kitas, in Schule, Ausbildung, Hochschule und darf auch bei Freizeitangeboten nicht enden. Gut qualifizierten Teilhabeassistent*innen, die eng mit den pädagogischen Fachkräften zusammenarbeiten, kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu (Parteiprogramm, S.32).“
…“Wir werden uns von Hessen aus aktiv an seiner Weiterentwicklung beteiligen, den Hessischen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention fortschreiben, die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in ihrer Arbeit stärken und die Kompetenzstelle Barrierefreiheit weiter ausbauen (Parteiprogramm, S.32f).“
Linke:
…“Dazu muss das Land die entsprechenden Bedingungen finanzieren und die Kommunen die baulichen und personellen Voraussetzungen schaffen. Das gilt auch für Horte und Ferienfreizeiten/-betreuungen. Die aktuelle Rahmenvereinbarung Integration des Landes Hessen muss durch ein unbürokratisches und passgenaues Förderinstrument ersetzt werden (Parteiprogramm, S.56).“
…“Unser Leben: inklusiv und barrierefrei: Menschen sind nicht behindert und sie haben auch keine Behinderung, sondern sie werden behindert. Selbstbestimmt zu leben bedeutet, nicht durch Barrieren an einer selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gehindert zu sein. Die UN-Behindertenrechtskonvention verlangt zurecht einen vollständigen Abbau dieser Barrieren. Eine solche Umwelt erleichtert das Leben für alle Menschen. Fahrstühle zu den Gleisen sind hilfreich für jeden Menschen mit Gepäck, Fahrrad und Kinderwagen, für alte Menschen wie auch für Menschen mit Behinderung. Leichte Sprache in Formularen ermöglicht Menschen mit geringen Schriftkenntnissen, Älteren, Menschen mit Lernbeeinträchtigung, aber auch allen anderen besser, ihre Rechte zu verstehen und selbstbestimmt soziale Leistungen einzufordern und gesellschaftlich teilzuhaben (Parteiprogramm, S.104).“
…“Ein verbindlicher Aktionsplan für Hessen ohne Kostenvorbehalt, mit überprüfbaren Zielen und Fristen muss erarbeitet und verwirklicht werden. Solche Aktionspläne braucht es auch in den Städten und Gemeinden, für die Umsetzung stellt das Land finanzielle Mittel zur Verfügung (Parteiprogramm, S.104).“
…“Orientierungshilfen wie zum Beispiel Blindenleitsysteme müssen verbindlich vorgeschrieben werden (Parteiprogramm, S.104).“
…“Haltestellen und Bahnhöfe des öffentlichen Nahverkehrs sind schnellstmöglich barrierefrei umzubauen. Wir wollen zusätzlich zur existierenden Förderung für den Umbau von barrierefreiem Wohneigentum ein Landesprogramm zum Umbau von Mietwohnungen auf den Weg bringen (Parteiprogramm, S.104).“
…“Die Trennung von Menschen mit und ohne Behinderung im Bildungssystem muss ein Ende haben. Dazu müssen Kitas und Schulen passend ausgestattet und Nachteilsausgleiche ausgeweitet werden (s. Kapitel „Unsere Bildung gerechter“) (Parteiprogramm, S.104).“
Quellen:
BÜNDNIS 90 / Die Grünen Hessen Landesgeschäftsstelle (2023). Das GRÜNE Regierungsprogramm 2024-2029. Hessen lieben. Zukunft leben. URL: Das Grüne Regierungsprogramm von 2024 bis 2029 in Hessen (gruene-hessen.de)
CDU (2023). Hessen weiter führen. Unser Hessenprogramm 2024-2029. URL: CDU Hessen_Wahlprogramm_2023_ohne QR_Online.indd
DIE LINKE. Landesverband Hessen (2023). Macht Hessen gerecht. Unser Hessen: Sozial. Ökologisch. Gerecht. Wahlprogramm zur Landtagswahl 2023. URL: wahlprogramm-ltw2023.pdf (die-linke-hessen.de)
FDP (2023). Programm zur Landtagswahl 2023. Feuer und Flamme für Hessen. URL: FDP_HE23_LTW-Programm_2023.pdf (fdp-hessen.de)
Hessischer Jugendring (2023). Dafür steigen wir in den Ring. Die Arbeitshilfe zur jugendpolitischen Kampagne 2023 des Hessischen Jugendrings. URL: Manual_Jugendpolitische-Kampagne_2023.pdf (hessischer-jugendring.de)
SPD (2023). Die besten Kräfte für Hessen. SPD. Unser Zukunftsprogramm. URL: SPD_Hessen_Wahlprogramm_2023_V3.pdf (spd-hessen.de)